Anschaulichkeit und Selbsttätigkeit

In vorherigen Abschnitt ging es darum eine einfache und konservative Erdkundestunde, mithilfe von Schulbuch, Tafel und einem Arbeitsblatt, zu gestalten. Diese Form des Unterrichts hat zwar den Vorteil wenig Aufwand bei der Vorbereitung zu machen, zeichnet sich durch eine klare Struktur und die deutliche Hinführung auf das Stundenziel aus, entspricht aber nicht unserer Vorstellung vom Unterrichten (in einer Förderschule) im Jahr 2006. Als erste und wichtigste Ergänzung werden deshalb Anschaulichkeit und Selbsttätigkeit der Schüler hinzugefügt.

Inhaltliche Klärung

Anschaulichkeit

Anschauung ist eines der ältesten und von Geographielehrern als am wichtigsten bewertetes Unterrichtsprinzip.

Anschauung umfasst sowohl den Vorgang als auch das Ergebnis der Sinneswahrnehmung und Erfahrung. Gemeint ist nicht nur die Wahrnehmung mit den Augen, sondern mit allen Sinnen. Mit Erfahrung wird die handelnde Auseinandersetzung und Begegnung mit Sachen und Menschen bezeichnet (Kestler 2002, 148).

Ergebnis der Anschauung sind Vorstellungsbilder und Begriffe. Hierbei steht das Erleben an erster Stelle aus dem sich die Begriffsbildung ergibt (vgl. Kestler 2002, 149). Konkret bedeutet dies: beim unterrichten soll die Anschauung zur Einführung neuer Begriffe genutzt werden. "Vorstellungsbilder sind von Vorwissen, Bedürfnissen und Interessen der Person bestimmte "konstruierte" Bilder der Wirklichkeit" (ebd.). Einen Gegenpol zur Anschauung stellt die Abstraktionen dar. "Die Abstraktion bringt Entlastung von der Überfülle durch Herausheben des Wesentlichen, Ordnung und Übersicht, Versachlichung und Gewichtung" (Glöckl 1995, 7).

Nach Köck unterscheidet man drei Formen der Anschauung: (Köck 2000, 263)

Eine alternative Einteilung: (vgl. Kestler 2002, 150)

"Das Anschauungsprinzip wendet sich zwar ausdrücklich gegen den bloßen Wortunterricht, führt aber nur dann zur Erkenntnis, wenn es im Wechselspiel mit der gedanklich-begrifflichen Abstraktion stattfindet" (Kestler 2002, 150).

Ziel von Anschauung: (Peterßen 1996, 11)

Für die Umsetzung eignen sich außerschulische Lernorte, Experimente und natürlich Medien besonders gut.

Selbsttätigkeit

"Selbsttätigkeit ist gekennzeichnet durch Handeln, Eigeninitiative und Selbststeuerung beim Lernprozess" (Köck 2000, 264). "Die Schüler sollen mit allen Sinnen, also mit dem Kopf (Denken), Herz (Fühlen) und den Händen (Handeln) dabei sein. Selbsttätigkeit zwingt zu eigenen Überlegungen, fördert das Problembewusstsein und die Selbstkritik. Es soll Spielraum bleiben für Spontanität und Kreativität" (Kestler 2002, 151).

Ziel der Selbsttätigkeit ist die Selbstständigkeit. (Kestler 2002, 151)

Wer Handlungsfähigkeit will, muss handeln lassen. (Lenz 2003, 2)

. . .von einer "Vermittlungsdidaktik" hin zu einer "Didaktik der Aneignung" (Lenz 2003, 4)

Handeln ist kein Selbstzweck

Bei handlungsorientierten Unterrichtsformen geht es allerdings primär nicht um eine Erhöhung des Aktivitätspegels im Klassenzimmer. Denn oberflächliche Handlungen führen nicht zum Aufbau neuer Erkenntnisse und Einsichten, und das bloße Tun alleine entscheidet nicht über das Zustandekommen eines Lernprozesses. Entscheidend ist vielmehr eine mit der Handlungsorientierung einhergehende Problemorientierung und die mit der Handlung verbundene Verinnerlichung durch das sprachlich-gedankliche Durcharbeiten des Tuns. (Lenz 2003, 4)

Merkmale von Handlungsorientierung als methodischem Prinzip

(Lenz 2003, 4)

Grundfragen

Anschaulichkeit und Selbsttätigkeit im Stundenablauf

Anschaulichkeit Selbsttätigkeit
Einstieg Impuls (stummer Impuls)
Film
Ritual
Bilder
Modell
Gegenstände
Etwas verstecktes in Kiste, Sack
Brief für die Klasse
Lehrer erzählt, trägt vor, tanzt, singt, Akrobatik,
Rollenspiel
Spiele
Quiz
Impuls (Gegenstände)
vorzeigen, was gemacht wurde
erzählen lassen, was gemacht wurde
Planung d. Arbeit durch Schüler
Lied, Tanz,
Erarbeitung Experimente
Modelle
Bücher/Lexikon (Atlas)
Film
Computer
Globus
Erkundungen/Exkursionen
OHP (Folien etc.)
Karten
Schülerexperiment
Arbeitsblätter bearbeiten
basteln, malen, fotographieren, skizzieren, etc.
Beobachtung, Kartierung, Befragung, Messungen
Diskussion Pro/Contra
Schüler unterrichten Schüler
Computer
Internetrecherche etc.
Wandzeitung
Messgeräte bauen
Filmen, Kassettenaufnahme,
Präsentation vorbereiten (PP)
Rallye
Erlebnispäd. Spiele
Weg mit Karte suchen
Pantomime
Kunst, Werken
Modelle bauen
Abschluss

Ergebnissicherung:

- Tafel
- Plakate
- Videoaufnahme/Photos

Vorstellung der Ergebnisse
Diskussion Pro/Contra
Rollenspiel
Reflexion/Bewertung
Spiel
Experiment

Anschaulichkeit und Selbsttätigkeit im Stundenablauf der Beispielstunde

LandschaftsformenBeispiel: Landschaftsformen in Deutschland

Anschaulichkeit Selbsttätigkeit
Einstieg
Erarbeitung
Abschluss

Literatur

Lenz, Thomas: Handlungsorientierung im Geographieunterricht. In: geographie heute. 2003, 210.
Steinhorst, Hanns: Lernen durch Anschauung. In: Kaiser, Astrid/Pech, Detlef (Hrsg.): Neuere Konzeptionen und Zielsetzungen im Sachunterricht. Baltmannsweiler 2004.
Peterßen, Wilhelm H. (1996): Anschaulich unterrichten. Ein Lern- und Arbeitsbuch.